Das Buch der Dinge

1-Cent-Münze

Bin ich ein Ding? Ich bin kaum die Zahl wert, die auf mein Metall geprägt ist. Deshalb wollen sie mich abschaffen. Schreddern. Einschmelzen. Meine physische Existenz weicht im virtuellen Ich auf. Ich werde dann nur noch die zweite Ziffer hinter dem Kommanull auf dem Display sein. Eine schnöde Digitalisierung, sonst nichts. Im Online-Kontoauszug tauche ich noch ab und zu als Abgeltungssteuer auf. Im Portemonnaie allenfalls noch als Glückspfennig der Nostalgiker.

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Das Buch der Dinge

Nähnadel

Vorsichtig bahne ich mir meinen Weg durch den dünnen Stoff. Kühle Seide, auf den Millimeter gewebt aus dem zartesten Faden einer Seideraupe, die in China in einem Lackkästchen lebt. Ich bin Romatikerin, so stelle ich mir das Dasein dieses ungewöhnlich produktiven Insekts vor. Dick. Weiß. Fleissig. Ein bisschen wie die Nordeuropäer. Oder die Finger, die mich halten. Ich steche zu. Immer wieder dringt meine Spitze durch das feinstoffliche, glänzende Material. Auch ich bin ein Glanz, ich blitze mit jedem Stich.

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Das Buch der Dinge

Streichholz

Mein Kopf war schon immer feuerrot. Doch jetzt brennt er. Reibung hat dafür gesorgt, dass er lodert. Ich neige meinen Kopf, küsse den Docht. Der Funke will zunächst nicht überspringen, doch dann züngelt die Flamme bei meinem Gegenüber, wird größer, heller, während ich langsam vergehe. Ich hauche meinen letzten Schwefelatem aus. Mein Kopf ist kohlrabenschwarz und brüchig. Er wird nicht mehr gebraucht.

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