Bin ich ein Ding? Ich bin kaum die Zahl wert, die auf mein Metall geprägt ist. Deshalb wollen sie mich abschaffen. Schreddern. Einschmelzen. Meine physische Existenz weicht im virtuellen Ich auf. Ich werde dann nur noch die zweite Ziffer hinter dem Kommanull auf dem Display sein. Eine schnöde Digitalisierung, sonst nichts. Im Online-Kontoauszug tauche ich noch ab und zu als Abgeltungssteuer auf. Im Portemonnaie allenfalls noch als Glückspfennig der Nostalgiker.
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Streichholz
Mein Kopf war schon immer feuerrot. Doch jetzt brennt er. Reibung hat dafür gesorgt, dass er lodert. Ich neige meinen Kopf, küsse den Docht. Der Funke will zunächst nicht überspringen, doch dann züngelt die Flamme bei meinem Gegenüber, wird größer, heller, während ich langsam vergehe. Ich hauche meinen letzten Schwefelatem aus. Mein Kopf ist kohlrabenschwarz und brüchig. Er wird nicht mehr gebraucht.
Krämerseele
Einst kam ein Bauer zum Krämer und bat diesen um einen Nachlass auf das Brot, denn der Preis hatte sich um einen halben Gulden erhöht. Der Bauer aber musste den Hunger seiner drei kleinen Kinder stillen und trug so seine Bitte beim Krämer vor.
Der Krämer aber antwortete diesem: „Eher gebe ich meine Seele dem Teufel, als dass ich das Brot für die Hälfte verkaufe.“ Kaum hatte der Krämer ausgesprochen, so fuhr der Leibhaftige auf, um die Krämerseele zu holen.
Seitdem wandert die von Geiz und Habgier getriebene Krämerseele unruhig durch die Welt.
Wenn das Leben Dir einen Streich spielt
Im zarten Alter von 8 Jahren hatte Lukas bereits den Ruf, ein Junge mit einem ganz besonderen Talent zu sein. Er konnte seine Klassenkameraden zu immer neuen Lausbubentaten überreden, ohne dass er selbst als Anstifter in Erscheinung hätte treten müssen. Erwischt wurden immer nur seine Kumpels, die ganz unbedarft das ausführten, was er ihnen in geheimer Runde befehligte. So wurde Martin dabei ertappt, als er der ungeliebten Banknachbarin von Lukas Zahnpasta auf das Pausenbrot schmierte. Besagte Schülerin hatte Lukas mehrfach einen Esel vor versammelter Klasse genannt, und Martin musste ihr nach seiner “Schandtat” eine Woche lang blankpolierte Äpfel mitbringen. Nicht besser erging es Heinrich, der der Klassenlehrerin einen Eimer Flüssigkeit über dem Kopf ausleerte – aus dem ersten Stock des Gebäudes wohlgemerkt. Der strenge Geruch, dem der Lehrerin für den Rest des Tages anhaftete war es wohl, der Heinrich einen saftigen Eintrag ins Klassenbuch und einen blauen Brief an die Eltern bescherte. Die Lehrerin hatte einige Tage zuvor Lukas eine Strafarbeit aufgebrummt, weil er den Unterricht durch permanent lautes Reden gestört hatte.
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