Wenn aber wieder einer kommt und sagt: Das hat es früher nicht gegeben, dann frage ich: Wann ist früher? Und meistens hält einer dann den Mund und spricht nicht weiter. Nicht so Herr A. Der ewige Sich-Beschwerer erklärt mir mit brüllender Geste, dass früher war, als H und G noch laut Selbstgespräche führen durften, damit auch der letzte Zuschauer, der später nicht mehr hat dabei gewesen sein wollen, versteht, dass Sowas von Sowas kommt und dass es seine arierverd*** Pflicht sei, Etwas von Sowas zu befreien und koste es auch die Menschlichkeit. Früher, sage ich, war also dann, als Sie noch gar nicht… Herr A unterbricht mich: Es ist doch so, Sowas kann nie gut gehen. Wer Sowas mit Etwas mischt, bekommt weder So noch Et noch Was, sondern nur Ärger. Sowas sucht den ja richtig. Sowas ist kriminell, das liegt in den Genen. Dummheit, sage ich, ist auch erblich. Und damit schneide ich Herrn A das letzte Früher-war-alles-besser ab und gehe dahin, wo es keinen Platz für das ewige Gestern gibt.
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Instacrime
Eine „Ich-war-jung-und-brauchte-das-Geld“ von und zu Instagram-Geborene stand dieser Tage vor dem hohen New Yorker Gericht und wurde social-media-gerecht in Szene gesetzt für schuldig befunden, die Upperclass Manhattans um etwa 275.000 US-Dollar gebracht zu haben. Betrübt bis zerknirscht blickte die selbsternannte Millionenerbin, der bis zu 15 Jahre Haft wegen betrügerischer Hochstapelei und groben Diebstahls drohen, bei der Anklage über den Rand ihrer modisch-runden Hipsterbrille, zog beinahe beiläufig den schmollenden Mund herunter und wirkte dabei so unschuldig wie ein Influencer auf Follower-Jagd.
Schabernack
Schabernack, eine aus dem Mittelhochdeutschen stammende Sprachmischung aus Schabe, Habe, aber, Bern, Erna und Nacken ohne en.
Lehnwort
Ein Lehnwort flaniert leger die Allee entlang, als es wegen des Odeurs eines Parfüms an einem Café anhält. Mit Zigarette beim Aperitif räsoniert dort eine Dame in Haute-Couture mit ihrem Vis-à-Vis über arrangierte Affären und bizarre Bagatellen. Während sie ein Macaron goutiert, echauffiert sie sich über die amourösen Eskapaden des Präsidenten. Nonchalant und doch graziös degustiert sie die Limonade, um dann wieder darüber zu parlieren, was für eine Blamage es für Regime und Partei doch sei!
Euphorisch-Läppisch
Es lächelt auf der Zunge, es zuckt durch das Auge und springt in das Ohr, rechts und links vom Kopf. Ein summend-brummender Lichtstrahl, dem Blitz so ähnlich, dem Donner nicht fern. Lachen. Laut. Hysterisch. Und immer wieder. Fällt Dir ein. Und Deinem Gegenüber. Eine Wortkombination so komisch. So lustig. So lachend machend.
Läppisch-euphorisch ist der Humor, der situationsbedingte Komik hervorbringt, lächerlich wirkend auf Nicht-Involvierte, aber perlend-belebend für den Herz-Kopf-Rhythmus der Eingeweihten. Es braucht nur ein, zwei, drei Worte, von der einen in die andere Sprache geschmissen, und der vertrauten Runde Spaß ist garantiert. Es braucht nur eine wie keine Buchstabenaneinanderreihung, und wir schauen uns an und lachen und lachen und lachen und verstehen uns.
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Spülschwammgier
Bin ich so konsumgeneriert, dass selbst der Spülschwamm zum Objekt meiner Begierde wird? In dreifacher Ausfertigung liegt er glitzerndlockend im Laden immer genau da, wo mein Auge auf dem Weg zur Bezahlstation entlang schweift.
Schwarz-silber, rot-silber, weiß-silber. So absolut passend zum Rest meiner Einrichtung, damit selbst die profane Spüle einem gewissen Glanz nicht entbehrt. Er passt so perfekt in meine perfekte Welt von Dingen, die zueinander passen – Gestalt ist Stil und wichtig in meiner, in Deiner, in unserer Welt des MehrScheins als WirklichSeins.
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Wider den tierischen Ernst
Der Erpel Ernst machte seinem Namen alle Ehre, als er widerspenstig seiner Zähmung mit allem ihm gebotenen Ernst entgegenblickte. Der sonst so lustige Vogel, der er war, wollte sich nicht schnabelzahm der Brotkrummen säenden Meute ergeben. Also zog Ernst wider seinen Sachern der Logik letzter Schluss als er durch einen provozierten Schuss in Brust und Bein durch Schrot und Korn im Schilf danieder gestreckt wurde.
Den Braten hat der Erpel Ernst den widerlichen Lockvögeln dann noch gründlich versauert – denn mit bierernster Mine flog er kurz vor seinem diesseitigen Ableben über den singenden Röhricht hinweg, die Brust stolz geschwellt und Aug in Aug mit Gevatter Tod, der ihm als eine Taubenbrut erschien – das kann nur, ja muss gar ein zähfasriges Stück Keule ergeben haben. Auch mit den Federn des Entenviehs konnte der hochmütige Vogelmörder nichts Rechtes mehr anfangen, war diese einstmals farbenfrohe Pracht durch das Schießpulver gänzlich zerrupft und schwarzgeblasen.
Und so schnattatert der Erpel Ernst jetzt im jenseitigen Dasein und lacht sich ins Schnäbelchen. Wider den tierischen Ernst, wider den Hochmut.